Energieeinsparung auf Schiffen durch Retrofit-Maßnahmen
Um das Thema Schiffseffizienzmaßnahmen in der Praxis zu vermitteln und zu diskutieren, lud die MCN-Fachgruppe Schiffseffizienz am 25. April 2024 auf die Scandlines Fähre „Berlin“ ein. Die Fahrt führte bei spiegelglatter Ostsee von Rostock nach Gedser und zurück. Mit 43 Gästen war die Veranstaltung ausgebucht, was das starke Interesse an nachhaltigerer Schifffahrt verdeutlicht. Die 170 Meter lange Scandlines Fähre eignete sich besonders zur Veranschaulichung des praxisnahen Teils der Veranstaltung, da die Fähre sowohl über einen dieselelektrischen Hybridantrieb mit Akkumulatoren-Anlage als auch über einen Flettnerrotor verfügt. Sowohl der Flettnerrotor als auch die Brücke mit den Überwachungs- und Steuerungsinstrumenten für den Rotor wurden besichtigt.
Ziel war es, neben der praktischen Erfahrung an Bord, sich auch kritisch damit auseinanderzusetzten, welche Arten der Retrofits wann und bei welchem Schiffstyp Sinn ergeben. Die zentrale Fragestellung der Veranstaltung lautete deshalb: „Wie hoch ist die Kraftstoffeinsparung auf Schiffen durch Retrofits?“
Den Auftakt machte Prof. Dr. Volker Bertram vom DNV, der sehr kritisch hinterfragte, welche Retrofits mehr Schein als Sein sind und welche Zahlen, die unternehmensseitig als Vertriebsinstrument herausgegeben werden wie bewertet und interpretiert werden sollten.
Marko Möller von Scandlines belegte mit konkreten Zahlen, wie sinnvoll die Ausstattung der Scandlines-Fähren mit dem Flettnerrotor und dem Elektrohybridantrieb wirklich ist und welche Erfahrungen die Reederei, als eine der ersten, damit gemacht hat.
Ganz ähnlich berichtet auch Ingo Schiller von Ampereship über die (teilweise) Elektrifizierung von Fahrgastschiffen und Fähren. Danfoss Marine war mit Sascha Nitz vertreten, der ebenfalls die Erfahrungen seines Unternehmens mit Retrofits und Hybridisierung von Schiffen teilte.
Ein besonderes Highlight war die informative Führung der beiden Kapitäne in zwei Gruppen. Sie teilten ihre Erfahrungen mit dem Flettnerrotor und dem Hybridantrieb auf unterhaltsame und ehrliche Weise und betonten, dass die Reederei sich noch am Anfang der Optimierungsphase befindet und kontinuierlich dazulernt. Während der Pausen setzten die Fachteilnehmer:innen ihre Diskussionen intensiv fort und genossen dabei das Mittagessen an Bord der Fähre. Das sonnige Wetter und der fantastische Blick auf die Ostsee rundeten die Atmosphäre ab.
„Nicht jede Retrofit-Maßnahme ist für jedes Schiff geeignet“
Katrin Caldwell, stellvertretende Geschäftsführerin des MCN, zieht folgendes Fazit: „Technologische Lösungen zur Steigerung der Effizienz und Reduzierung des Treibstoffverbrauchs sind zweifellos von großer Bedeutung. Dennoch ist es ebenso wichtig, sorgfältig zu prüfen, welche technologische Lösung wirklich effektiv für das individuelle Schiff ist. Nicht jede Retrofit-Maßnahme ist für jedes Schiff geeignet.“ Eine umfassende Übersicht über aktuelle technologische Lösungen zur Effizienzsteigerung bietet der von der MCN-Fachgruppe Schiffseffizienz entwickelte Leitfaden „MCN Guideline 2023 – "Ship Efficiency in the context of international Regulations", der kostenlos auf der MCN-Website heruntergeladen werden kann. „Die Durchführung dieser Veranstaltung auf der Scandlines Fähre unterstreicht den Ansatz des MCN, nah an der Praxis zu sein und Unternehmen zusammenzubringen, um gemeinsam an guten und vor allem nachhaltigen Ideen zu arbeiten.“