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23. Juni 2023

Das verbindende Element zwischen Wasser, Erde und Luft gefunden

MCN ist zum dritten Mal in Bremen auf „Afsteken“-Tour gegangen

„Afsteken“ bedeutet im Hochdeutschen „abheben, aufbrechen, abstoßen“. Zum dritten Mal war das plattdeutsche Wort Motto einer besonderen Veranstaltung des Maritimen Clusters Norddeutschland in Bremen. Für die Teilnehmenden der Netzwerk-Runde durch den neuen Hochschul-Standort in der Airport-Stadt gab es zwischen Himmel, Erde und Wasser Überraschendes zu sehen.

Studierende, die funktionierende Forschungsraketen bauen; ein Professor, der mit seinem Wissen über Seesterne den Flugzeugbau revolutionieren könnte; ein Unternehmen, das seinen Kunden virtuell die Realität vor Augen hält – diese und weitere ungewöhnliche Begegnungen kennzeichneten die „Afsteken“-Veranstaltung der Bremer Geschäftsstelle im Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN). „Wir möchten Ihnen neue Perspektiven, Denkanstöße und Impulse geben, auch wenn das, was Sie sehen werden, auf den ersten Blick nicht unbedingt maritim ist“, begrüßte Andreas Born, MCN-Geschäftsstellenleiter, die Teilnehmenden zu der Runde mit dem geheimnisvollen Titel „Im Wasser. Hoch hinaus.“

Auch bei der dritten Auflage von „Afsteken“ zählte es zum Prinzip, dass die MCN-Mitglieder bis zum Beginn nur Andeutungen über Ziele und Inhalte der gemeinsamen Aktion bekommen. Den Treffpunkt „Air/Port/Lab“ dürften ohnehin nur die wenigsten gekannt haben: Das junge „Center for Aerospace and Maritime Systems“ der Hochschule Bremen in der ehemaligen Lufthansa Fliegerschule am Bremer Flughafen verbindet seit einem knappen Jahr Wissenschaft und Wirtschaft aus Schiff-, Luft- und Raumfahrt. Das Zentrum bietet auf mehr als 10.000 Quadratmetern Nutzfläche sowohl Unternehmen als auch Start-ups sowie verschiedenen Hochschul-Instituten und -Projekten Freiraum für Lehre, Forschung, Entwicklung und erste Schritte in die Selbstständigkeit. „Die Berührungspunkte zwischen der maritimen Wirtschaft und Luft- sowie Raumfahrt sind vielfältiger als zunächst erkennbar“, ist MCN-Projektleiterin Marie Bambrowicz überzeugt, die die Veranstaltung gemeinsam mit Manuela Weichenrieder und Anja Rose organisiert hat. Deswegen sei es naheliegend, einen Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft aus diesen Bereichen anzustoßen.

Im Air/Port/Lab sind die maritimen Studiengänge der Hochschule Bremen bereits ansässig; die Angebote aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt kommen in Kürze dazu. Mit den Lehrenden und Studierenden sind faszinierende Projekte in der ehemaligen Fliegerschule gelandet. Zu denen, die „Afsteken“-Gäste kennenlernten, gehört AQUASONIC. Als Teil des Programms „Studentische Experimental Raketen“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bauen dort Bremer Studierende die inzwischen dritte Höhenforschungsrakete der Hochschule. Das Projekt hat durchaus Verbindungen zu maritimen Themen – beispielsweise interessierten sich die „Afsteken“-Teilnehmenden für die Datenübertragung zwischen der fliegenden Rakete und der Bodenstation. Auf der Runde durchs „Air/Port/Lab“ begegneten die MCN-Gäste aber auch Vorhaben mit direktem Bezug zum Wasser: Im Faserverbundlabor nutzen Studierende ihr Wissen über Leichtbaumaterialien und Hydrodynamik, um superschnelle Tretboote zu konstruieren.

In der Hochschule Bremen haben Forschende und Lehrende längst den sprichwörtlichen Elfenbeinturm der Wissenschaft verlassen – wenn sie überhaupt jemals darin gewesen sind. Das demonstrierte Prof. Jan-Henning Dirks aus der Fakultät Bionik/Biological Structures and Biomethics. Der Biologe mit einem Faible für Grundlagenforschung befasst sich intensiv mit Seesternen. Die besitzen die einzigartige Eigenschaft, ihre Gelenke „auf Kommando“ versteifen zu können. „Bei Airbus hat man sofort aufgehorcht“, berichtete Dirks. Wenn es gelingt, das Seestern-Prinzip technisch nachzubilden, könnte dies die Konstruktion von Flugzeugtragflächen um ein Vielfaches vereinfachen. Wie weit Dirks bereits in der Kooperation mit dem Konzern gekommen ist, mochte er nicht im Detail sagen – aber erste künstliche Seesterne mit vergleichbaren Fähigkeiten, konnte er seinen Gästen bereits zeigen.

Der Wissenschafts- und Gewerbepark Airport Stadt beherbergt auch viele für die maritime Wirtschaft interessante Firmen. Dazu zählt beispielsweise das MCN-Mitglied Szenaris. In seiner mehr als 20-jährigen Geschichte hat sich das Unternehmen zum „Experten für modernes Lernen in digitalen Lernwelten“ entwickelt. Geliefert werden nicht nur die Konzepte für Schulungsprogramme, sondern auch die für die Umsetzung erforderliche Hard- und Software. „Hier bekommt man wirklich neue Perspektiven“, kommentierte ein Teilnehmer den Besuch bei der Firma. Die Bemerkung bezog sich aber nicht nur auf den gerade geübten Blick durch eine VR-Brille, sondern auch auf das Gesamtprogramm der „Afsteken“-Tour. Die nächste Veranstaltung ist bereits für den Herbst geplant, kündigte Andreas Born an. Die Themen bleiben auch hier zunächst ein Geheimnis, aber es ist schon klar: „Es geht nach Bremerhaven.“

© Fotos: Wolfgang Heumer