Fünf Fragen an ... Maximilian Fisch
Maximilian Fischs Herz schlägt für den Mittelstand. Im Interview berichtet der Business Development Manager von Turbo-Technik über aktuelle Projekte des global agierenden Familienunternehmens aus Wilhelmshaven, spricht über neue Anforderungen im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und verrät, wie Turbo-Technik dem akuten Fachkräftemangel begegnet.
MCN: Herr Fisch, eine große Tageszeitung bezeichnete Turbo-Technik kürzlich als „Pannenhelfer für Kreuzfahrtschiffe“. Trifft diese Beschreibung zu?
Fisch: Einerseits ja, andererseits machen wir heute wesentlich mehr. Früher waren wir tatsächlich eine Art „fliegende Werft“. Unsere Teams sind mit ihrer Ausrüstung um die ganze Welt geflogen und haben Schiffe jeglicher Art repariert und gewartet. Das machen wir immer noch. Aber wir haben uns dann mehr und mehr auf den Umbau und die Modernisierung von Schiffen spezialisiert. Heute verstehen wir uns in erster Linie als Systemintegrator und Dienstleister für die zivile und militärische Schifffahrt und seit einigen Jahren auch für Industrieanlagen an Land.
Wir entwickeln Technologien also nicht selbst, sondern sehen uns als Bindeglied zwischen Anbieter und Anwender. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Wir haben gerade in einem mehrjährigen Projekt für die Kreuzfahrtreederei Carnival mehr als 100 Abgasreinigungsanlagen – so genannte Scrubber – in deren Schiffe eingebaut. Das geschah in der Regel unterwegs, also ohne längeren Dockaufenthalt, was für die Reederei natürlich wirtschaftlich hoch attraktiv war.
MCN: Der Bundesverteidigungsminister hat gefordert, die deutsche Armee müsse wieder kriegstüchtig werden. Was bedeutet dieser Weckruf für Sie? Kommen schon mehr Aufträge von der Marine?
Fisch: Ja, wir spüren, dass sich da etwas tut, und wir bauen entsprechend Kapazitäten auf. Konkret bedeutet das, dass wir verstärkt Kräfte und Mittel vorhalten, die für künftige Einsätze der Marine gebraucht werden. Es gab auch schon konkrete Anforderungen. So haben wir für ein deutsches Marineschiff im Ausland, das Probleme hatte, eine Lösung gefunden. Ein Team von uns ist dann dorthin geflogen und hat dieses Problem gelöst, so dass dieses Schiff wieder in den Einsatz konnte. Wir waren aber auch in der Vergangenheit schon sehr aktiv in der Marineschifffahrt, haben also die Erfahrung und die Leute, um genau solche Probleme zu lösen.
MCN: Viele Unternehmen klagen über den Mangel an Fachkräften. Trifft dieser auch Sie, und wie begegnen Sie diesem Problem?
Fisch: Ja, den Fachkräftemangel bekommen wir massiv zu spüren. Immer weniger junge Leute studieren Schiffbau oder andere technische Studiengänge mit maritimem Bezug. Bei uns kommt hinzu, dass wir einen ganz besonderen Schlag Mensch benötigen: Hochqualifizierte Personen, die Lust haben, die Welt zu bereisen, um internationale Projekte durchzuführen. Für manche ist das ein hochattraktiver Lebensstil, für andere aber nicht.
Hochschulabsolventen und Fachkräfte sind in unserer Branche jedenfalls heiß umworben, und wir werden uns einiges einfallen lassen müssen, um in diesem Wettlauf die Nase vorn zu haben. Zum einen bilden wir selbst auf sehr hohem Niveau aus. Zum anderen tun wir aber auch viel für unser Employer Branding. Wir wollen in den sozialen Medien präsent sein und haben initiativ aufwändige Videos produzieren lassen, damit die Bewerber sehen können, was wir bei Turbo-Technik überhaupt machen.
Wir suchen junge Menschen, die - salopp gesagt - richtig Bock auf große Maschinen haben. Für sie ist es sehr attraktiv, bei uns zu arbeiten, da sie mit modernsten Technologien arbeiten und auch schnell Verantwortung übernehmen können. Ein Team von uns hat beispielsweise während Corona eine Kurbelwelle auf der „Mein Schiff 6“ ausgewechselt – ein herausforderndes und faszinierendes Projekt, das von TUI Cruises auch medial unter dem Titel „Mein Schiff 6: Austausch der Kurbelwelle“ begleitet wurde.
MCN: Reicht das, um Ihren Personalbedarf abzudecken?
Fisch: Nein, das allein reicht nicht. Wir haben ständig 400 bis 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit im Einsatz. Diese Zahl gibt der hiesige Arbeitsmarkt nicht her. Deshalb arbeiten wir bei einigen Projekten eng mit Partnerunternehmen zusammen, die wir meist in Ost- und Südeuropa rekrutieren. Die dortigen Länder verfügen über sehr gute Fachkräfte, für die eine Anstellung in Deutschland aber nicht attraktiv genug ist. Aus deren Sicht bleibt hier zu wenig Netto vom Brutto.
MCN: Welchen Wert hat für Turbo-Technik die Mitgliedschaft im Maritimen Netzwerk Norddeutschland?
Fisch: Wir setzen stark auf Nachhaltigkeitsthemen und interessieren uns beispielsweise sehr für alle Fragen rund um alternative Antriebe und Kraftstoffe. Auch das Schiffsrecycling ist für uns ein spannendes Thema. Dazu gibt es im Cluster und seinem Netzwerk sehr kompetente Ansprechpartner und einen intensiven Austausch, an dem wir uns gerne und mit Gewinn beteiligen. Wir engagieren uns beispielsweise im ShipRec-Netzwerk. Einen großen Nutzen sehen wir auch darin, dass das Maritime Cluster die Interessen und Anliegen der Branche bündelt und gegenüber der Landes- und Bundespolitik vertritt. Das kann ein einzelnes Unternehmen, zumal ein mittelständisches, so nicht leisten.
Über Maximilian Fisch
Maximilian Fisch arbeitet seit Januar 2021 als Business Development Manager für die Turbo-Technik GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Wilhelmshaven. Der gelernte Speditionskaufmann hat seine betriebswirtschaftlichen Studien mit den Schwerpunkten Innovationsmanagement und internationale Strategie an den Universitäten in Marburg, Kiel und Manchester mit dem Master of Science abgeschlossen. Dazu sammelte er weitere Erfahrung im Bereich Digitale Transformation bei der Allianz und im Bereich Strategie bei Accenture.