Das Inkrafttreten der Hongkong-Konvention als Anfang einer Reise verstehen

Am 26. Juni 2025 ist, 16 Jahre nach der Verabschiedung, die Hongkong-Konvention zum sicheren und umweltgerechten Recycling von Schiffen offiziell in Kraft getreten. Dieses für die maritime Branche wichtige Ereignis wurde als „Meilenstein für die internationale Schifffahrt“ auf Einladung der Bremer Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, dem Deutschen Schifffahrtsmuseum und dem Maritimen Cluster Norddeutschland mit einem Nationalen Festakt im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven gewürdigt.
Das Event startete mit einer Besichtigung der Lloyd Werft Bremerhaven, die sich aktuell im Genehmigungsprozess einer Schiffsrecyclinganlage befindet, deren Genehmigung noch in diesem Jahr vorliegen soll.
Von der politischen Seite hob zunächst Dr. Wibke Mellwig, Abteilungsleiterin Wasserstraßen und Schifffahrt, Bundesministerium für Verkehr, die Bedeutung der IMO hervor. Die jetzt weltweit geltenden Vorgaben zum umweltgerechten Schiffsrecycling mit sicheren Arbeitsbedingungen sei deren Verdienst. Kathrin Moosdorf, Bremer Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft, beschrieb die bisherigen desaströsen Bedingungen vieler Recyclingbetriebe in Südostasien und verwies auf die seit 2013 geltende EU-Schiffsrecycling-Verordnung, nach der Schiffe unter europäischer Flagge nur noch von in der EU-zertifizierten Werften recycelt werden dürfen. Moosdorf hob vor allem die Potenziale, die der Standort Bremen wegen seiner Lage am seeschifftiefen Wasser, wegen seiner Erfahrungen im Schiffbau und wegen der zahlreichen Forschungseinrichtungen und Hochschulen besitzt, hervor. Sie warb für mutige maritime Kreislaufwirtschaftskonzepte, die in die Anwendung gebracht werden sollten.

Bei den Fachbeiträgen begann Kapitänin Nadja Köppen, Referentin für Umweltschutz in der Schifffahrt bei der Bremer Hafensenatorin, und gab einen persönlichen Einblick aus ihrer Zeit als Kapitänin. Sie beschrieb „den Lebenszyklus eines Schiffes – von der Kiellegung bis zur Registerlöschung“. Anja Binkofski, Doktorandin beim Deutschen Schifffahrtsmuseum, nahm die Gäste auf eine historische Reise mit und konnte mit Beispielen überraschen, die zeigen, dass es in Bremen bereits in früheren Jahrzehnten verschiedene Schiffsrecyclingprojekte gegeben hat. Des Weiteren hat Jürgen Fries von ArcelorMittal Bremen die Bedeutung von Sekundärstahl als wichtige Säule in der Transformation der Stahlindustrie bekräftigt.
Mit einem sehr persönlichen Einblick in die lange Genehmigungsphase der Hongkong-Konvention, zunächst als Mitarbeiter des Germanischen Lloyd und Teil der deutschen Delegation bei der IMO, konnte Henning Gramann, jetzt Geschäftsführer von GSR Services GmbH, den Anwesenden einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise von Werften in Bangladesch, Pakistan und Indien geben, die er als Berater seit vielen Jahren vor Ort wie kaum ein Zweiter kennt und unterstützt.
In der abschließenden Podiumsdiskussion hatte Helge Bartels (COO, Bernhard Schulte GmbH & Co. KG) ebenfalls seine persönlichen Erfahrungen eines „Beaching-Vorgangs“ eines Schiffs vor rund 10 Jahren beschrieben und deutlich gemacht, dass er dieses „falsche Gefühl“ nicht noch einmal erleben möchte. Auch wenn die Reederei bestrebt ist, ihre Flotte so lange wie möglich zu betreiben, werden in den kommenden Jahren einige Schiffe dem Recycling zugeführt werden müssen. So auch die WESER STAHL, die seit 1999 die Bremer Stahlhütte mit Eisenerz versorgt. Benedetta Mantoan von der NGO Shipbreaking Platform kritisierte an der Hongkong-Konvention, dass das Beaching nicht explizit verboten wird und, dass der Umgang und das Management mit gefährlichen Stoffen noch weiter geklärt werden müsse. Prof. Dr. Bleischwitz (Direktor beim Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung) hat aus seiner Potenzialstudie für das Land Bremen zitiert, dass in Abhängigkeit schleusenbasierter Einschränkungen, rund 10-30 Schiffe bis PanMax-Größe pro Jahr recycelt werden können.
(Anm.: BIMCO schätzt, dass in den nächsten 10 Jahren weltweit bis zu 16.000 Schiffe – insgesamt 700 Millionen DWT – recycelt werden)

Die Diskutanten waren sich mit Blick in die Zukunft einig, dass das Inkrafttreten der Hongkong-Konvention zwar ein wesentlicher Meilenstein für die internationale Schifffahrt sei aber dennoch erst der Anfang sein kann. Deutlich hervorgehoben wurde, dass die Branche noch einen weiten Weg vor sich hat, um die Maßnahmen für sicheres und umweltgerechtes Recyceln von Schiffen in wirtschaftlich tragfähige Konzepte zu entwickeln. Das Maritime Cluster Norddeutschland wird die maritime Community weiterhin darin unterstützen, mit konkreten Umsetzungsprojekten eine maritime Kreislaufwirtschaft zu etablieren.
Im Networkingteil haben sich mit EWD Benli Recycling GmbH & Co. KG, die bereits eine Genehmigung für Schiffsrecycling in Emden vorliegen hat, und Leviathan GmbH zwei weitere Schiffsrecycling-Unternehmen präsentiert. Des Weiteren konnte die EurA AG, Netzwerkagentur aus Hamburg, die frohe Kunde überbringen, dass aus dem ZIM-Netzwerk „ShipRec“ gerade unlängst ein Projektantrag zu nachhaltigem Schiffsrecycling positiv beschieden wurde.