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26. Oktober 2022

Fünf Fragen an ... Louis Ravens

Louis Ravens, Lampe & Schwartze

© Foto: Lampe & Schwartze

Das Einschätzen von Risiken gehört zum Kerngeschäft von Louis Ravens. Im Gespräch mit dem Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN) verrät er, was die Märkte derzeit bewegt, und wie Lampe & Schwartze künftig Datenschätze heben und junge Talente an sich binden will.

 

MCN: Herr Ravens, Sie leiten die Abteilung Marine Hull Underwriting des Bremer Assekuradeurs Lampe & Schwartze. Wie darf man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?

Ravens: Nun, für die meisten großen Versicherungsunternehmen ist das Thema Transportversicherung zu klein, um eigene Teams zu unterhalten. An dieser Stelle kommen wir als mittelständischer Spezialist ins Spiel: Die Versicherungen beauftragen uns, in ihrem Namen entsprechende Risiken zu zeichnen. Als deren Agenten, als Underwriter, erhalten wir eine Generalvollmacht. Wir prüfen Risiken, finden Preise und verhandeln den richtigen Deckungsumfang für ein bestimmtes Risiko. Meine Abteilung versichert Seeschiffe. Die Gruppe bietet aber auch Produkte für weitere Marinesparten an, wie etwa Cargo.

MCN: Die Welt scheint in den vergangenen Jahren unsicherer und krisenanfälliger geworden zu sein. Welche Hauptrisiken nehmen Sie aktuell wahr und wie wirken sich diese auf Transportversicherungen aus?

Ravens: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine spielt für die Risikobewertung aktuell eine große Rolle. Wer heute ein Schiff in ukrainische Gewässer fahren lässt, hat natürlich ein erhöhtes Risiko. Der Krieg belastet aber auch die weltweite Supply Chain erheblich. Hinzu kommt die rigorose chinesische Null-Covid-Politik. Wenn in China Häfen geschlossen werden, hat das einen massiven Einfluss auf den weltweiten Handel. Teilweise stehen auch Reparaturhäfen nicht zur Verfügung oder sind nur schwer zu erreichen. Zugleich sind die Stahlpreise massiv gestiegen. Das alles macht Kaskoschäden natürlich teurer. Hinzu kommt die allgemeine hohe Inflation. All das wirkt sich auf die Höhe der Versicherungsprämien aus.

MCN: Wie ist Ihr Team aufgestellt? Und welche Rolle spielt die Digitalisierung für IhrGeschäft?

Ravens: Lampe & Schwartze besteht schon seit 1858. Unsere Wurzeln liegen in der Transportversicherung. Wir verfügen auf diesem Feld über einen großen Erfahrungsschatz. Meine Abteilung ist heute sehr breit aufgestellt: Wir beschäftigen Versicherungsspezialisten, international agierende Rechtsanwälte, Schiffsingenieure, Maschinenbauer und Kapitäne. Bei Bedarf ziehen wir zusätzlich externe Experten zu Rate. Das Know-how ist also sehr breit gefächert. Künftig werden wir noch stärker auf Daten setzen. Wir investieren gerade massiv in unsere IT-Infrastruktur. Künstliche Intelligenz, Daten-Analyse und Data-Mining stehen als Themen ganz oben auf unserer Agenda. Unser Ziel könnte man „Predictive Underwriting“ nennen. Wir wollen datenbasiert in die Zukunft blicken. Auf diesem Weg ist unser Unternehmen mittlerweile weit fortgeschritten.

MCN: Droht Ihnen auch der Fachkräftemangel, über den viele Branchen klagen, Wind aus den Segeln zu nehmen? Was unternehmen Sie, um die richtigen Leute an Bord zu bekommen?

Ravens: Es ist tatsächlich schwer, qualifizierte Leute zu finden. Das Thema ist sehr speziell, und es gibt in Deutschland vielleicht 100, maximal 150 Experten für Seekaskoversicherungen. Unseren Nachwuchs rekrutieren wir heute überwiegend aus den nautischen und juristischen Hochschulen. Wir bilden aber auch selbst aus. Im Durchschnitt stellen wir jedes Jahr fünf Auszubildende ein. Voraussetzung ist das Abitur. Außerdem sollten Bewerber nicht auf den Mund gefallen sein. Kommunikative Fähigkeiten sind in unserer Branche Voraussetzung. Wir unternehmen viel, um für junge Menschen attraktiv zu sein und Auszubildende gut zu integrieren. Viele schätzen unsere flachen Hierarchien – auch die Azubis haben bei uns einen direkten Draht in die Geschäftsführung.

MCN: Wie profitieren Sie von Ihrer Mitgliedschaft im Maritimen Cluster Norddeutschland?

Ravens: Wir sind 2018 vom Bremer MCN-Geschäftsstellenleiter Andreas Born aktiv angesprochen worden und fanden seine Argumente sehr überzeugend. Unsere Hoffnungen haben sich erfüllt. Wir profitieren vor allem vom großen Informationsangebot und vom maritimen Netzwerk. Für uns als Bremer Traditionsunternehmen ist es toll, am fachlichen Austausch in ganz Norddeutschland teilzunehmen. Wir begrüßen es auch sehr, dass das Cluster maritime Themen in die Öffentlichkeit trägt. Also, die machen schon einen sehr guten Job!

 

Über Louis Ravens

Louis Ravens leitet seit Februar 2022 die Abteilung Marine Hull Underwriting des 1858 gegründeten Bremer Assekuradeurs Lampe & Schwartze KG. Dem Unternehmen gehört er seit 2010 an. Zuvor studierte Ravens International Studies of Shipping and Chartering an der University of Applied Science Bremen. Der 38Jährige lebt mit seiner Frau, seinen zwei Kindern und einem Hund in Brinkum, wo er sich auch in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert.