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06. Dezember 2021

Smart Micro Grids sind der Schlüssel zum klimaneutralen Hafen

Der zweite MCN Cup in der Kategorie B „Wie lassen sich Häfen und maritime Logistik nachhaltiger gestalten?“ ging an die bremenports GmbH & Co. KG für das „Projekt SHARC – Smart Harbor Application Renewable Integration Concept”. Wie der Weg zum klimaneutralen Hafen gelingen könnte, erläutert bremenports Direktor für Umwelt- und Nachhaltigkeitsangelegenheiten, Uwe von Bargen.

Ihr SHARC-Forschungsprojekt steht unmittelbar vor dem Abschluss. Von welcher Fragestellung haben Sie sich leiten lassen?

Wir wollten herausfinden, ob und wie sich eine Hafenstruktur zu 100 Prozent mit klimaneutraler Energie versorgen lässt. Der Überseehafen Bremerhaven diente uns dafür als Modellgebiet. Zehn im Hafen ansässige Unternehmen haben uns dankenswerter Weise ihre Daten zur Verfügung gestellt. Diese konnten wir in unser Modell integrieren und damit 85 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs im Hafen abbilden. Und das Ergebnis ist eindeutig:  Ja, der klimaneutrale Hafen ist möglich.

Wie kann ein Hafen, der ja doch sehr viel Energie verbraucht, klimaneutral umgestaltet werden?

Einen komplexen Betrieb wie einen Hafen mit klimaneutralen, erneuerbaren Energien zu versorgen, ist durchaus anspruchsvoll. Die Energie aus Wind und Sonne steht eben nicht immer dann zur Verfügung, wenn sie gerade benötigt wird. Sie benötigen also Photovoltaik- und Windenergieanlagen, außerdem natürlich Speicher. Das können beispielsweise Batterien oder Druckspeicher sein. Die Menge an erneuerbarer Energie, die Sie in einem Hafen selbst erzeugen können, dürfte aber nicht für den kompletten Betrieb ausreichen. Das bedeutet, Sie müssen zusätzlich auch noch klimaneutrale Energie aus dem Umland beziehen.

Wir haben darüber hinaus auch analysiert, welche Rolle die Elektrolyse künftig spielen könnten. Mit einem oder mehreren Elektrolyseuren im Hafen ließe sich beispielsweise vor Ort Wasserstoff herstellen. Mit diesem könnten Rangierloks oder Hafenschiffe klimaneutral betrieben werden. Das geht dann über die Bereitstellung und Speicherung von elektrischer Energie noch einmal hinaus.

Das klingt komplex. Wie lässt sich aus dieser Vielfalt von Energieträgern ein sinnvolles Paket schnüren, um einen Hafen mit seinen zahlreichen unterschiedlichen Betrieben stabil zu versorgen?

Um diese erneuerbaren Energien aus unterschiedlichen Quellen direkt zu integrieren, benötigen Sie vor allem eine intelligente Netzsteuerung. So genannte Smart Micro Grids sind also der Schlüssel zum Erfolg, und diese gemeinsam mit unseren Projektpartnern vorzubereiten, war auch die Absicht unseres vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekts. Wir sind auf diesem Weg einen großen Schritt weitergekommen. Unsere Projektpartner TU Berlin und Siemens AG haben auf Basis der zur Verfügung gestellten Daten digitale Zwillinge des Überseehafens entwickelt, die die Energieflüsse komplett abbilden. Da wird die Zukunft digital simuliert. Die Simulationen zeigen: Eine intelligente Steuerung per Micro Grid ist zielführend und praktikabel.

Wie geht es jetzt weiter? Ab wann wäre aus Ihrer Sicht ein komplett klimaneutraler Hafenbetrieb realistisch?

Das beantragte und geförderte Analyseprojekt ist jetzt praktisch abgeschlossen. Gemeinsam mit unseren Projektpartnern ­– das sind neben den genannten noch das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und das Institut für Energie- und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen – werden wir die Daten jetzt abschließend aufbereiten. Dann geht es um die Umsetzung in die Praxis. Dazu müssen auch Investoren und geeignete Förderprogramme gefunden werden. Deutschland hat sich selbst verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden. Da wollen wir deutlich schneller sein und streben für die bremischen Häfen unter Einbindung der lokalen Hafenwirtschaft klimaneutrale Hafenstandorte im Zeitraum zwischen 2030 und 2040 an. Das ist bedeutsam für den Klimaschutz insgesamt, denn letztendlich sind Häfen die zentralen Verkehrsknotenpunkte in den zu entwickelnden klimaneutralen Lieferketten.

 

Über Uwe von Bargen

Uwe von Bargen ist schon seit 1991 in verschiedenen Funktionen mit der Entwicklung der bremischen Häfen befasst. Als Direktor für Umwelt- und Nachhaltigkeitsangelegenheiten der bremenports GmbH & Co KG entwickelt er seit 2008 die Nachhaltigkeitsstrategie „greenports“ für die bremischen Häfen weiter.

 

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