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04. Juli 2023

Nachhaltiger Schiffsbetrieb und klimafreundliche Brennstoffe auf dem Vormarsch

Kooperationsveranstaltung in Stade zeigt Zukunftsperspektiven zur Dekarbonisierung der Schifffahrt auf

„Die Dekarbonisierung der Schifffahrt ist längst kein Schlagwort mehr, sondern wird langsam Realität“, so Henning Edlerherr vom Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN) in seinem Grußwort. Dazu tragen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen bei, die – auch wenn an der ein oder anderen Stelle noch nicht alles völlig geklärt ist – ganz sicher kommen und die notwendigen Rahmenbedingungen setzen werden. Sebastian Ebbing vom Verband Deutscher Reeder stellte zum Einstieg den Stand der Entwicklung dieser neuen Regularien vor und beantwortete viele Fragen aus dem Publikum.

Mehr als 80 Personen waren der Einladung des Maritimen Clusters Norddeutschland, des Reedervereins Unterelbe, der HSM Hanse Ship Management AG, der IHK Stade für den Weser-Elbe-Raum und des Kompetenzzentrums GreenShipping Niedersachsen gefolgt, um sich bei einer Fachveranstaltung am 22. Juni 2023 in Stade über Handlungsoptionen zu informieren und auszutauschen.

Große Player wie die zweitgrößte Container-Linienreederei Maersk beginnen damit, sich im Hinblick auf die Präferenz bestimmter Brennstoffe zu positionieren und sichern sich zugleich Produktionskontingente. Auch große (Feeder-) Reedereien in Deutschland wie MPC Container Ships verfolgen eine klare Dekarbonisierungsstrategie.

Aber welche Möglichkeiten gibt es, ohne große Retrofit-Maßnahmen oder gar Schiffsneubauten auch als kleinere Reederei schon heute etwas für den Klimaschutz zu tun? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Biokraftstoffe und synthetische Diesel-Alternativen

Prof. Dr.-Ing. habil Wolfram Gottschalk (IAV GmbH), Timo Scholz (Vineta Bereederungsgesellschaft mbH) stellten als eine Option den Einsatz vom Biodiesel FAME (Fatty Acid Methyl Ester) vor und gaben Einblicke in Ihre Erfahrungen mit Biokraftstoffen im Schiffsbetrieb. Wolf Rehder (VPS Europe BV) zeigte auf, welche Ergebnisse bei der Analyse von Brennstoff-Proben aus dem Realeinsatz vorliegen und worauf man bei der Umstellung auf Biokraftstoffe achten sollte. Christian Nikolai (Wirtz Energie + Mineralöl GmbH) stellte dagegen die Potenziale des Einsatzes von HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) als hochwertige synthetische und klimafreundliche Diesel-Alternative für die Schifffahrt vor.

„Mit dem Umstieg auf FAME haben wir die Low hanging fruits abgeerntet. Weitere Verbesserungen sind nur noch mit dem Umstieg auf Brennstoffe wie Methanol möglich, die jedoch größere Umbauten an den Maschinen erfordern“ so Gottschalk.

 

Grüner Korridor

Diesen Ansatz verfolgt MPC Container Ships (MPCC) bereits, wie Philipp Niesing ausführte. Für die norwegische Containerlinie NCL sind zwei Feeder-Neubauten bestellt worden, die mit grünem Methanol in einem Trade betrieben werden sollen, der als „grüner Korridor“ (Niesing) Rotterdam, Hamburg und viele Stationen entlang der norwegischen Küste verbinden soll. Weitere Projekte dieser Art werden folgen. „Bezüglich des gewählten Brennstoffes des Kunden ist MPCC jedoch technologieoffen“, so Niesing.

Kraftstoff-Blending

Manfred Werner (AVL) und Prof. Jürgen Sorgenfrei stellten die Idee vor, mittels Blending aus MGO (Marine Gas Oil) und Methanol oder MGO und HVO auch bei noch zu geringer Brennstoff-Verfügbarkeit durch Beimischung von Anteilen kleiner als maximal 50 Prozent bereits eine signifikante CO2-Reduktion zu erreichen, ohne die Maschinen an Bord kostspielig umbauen zu müssen. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Preise und der Verfügbarkeit der Brennstoffe und eine zu erwartende CO2-Bespreisung könne so schon früh ein Return on Invest im Schiffsbetrieb erreicht werden. Die Umsetzbarkeit des Prinzips wird derzeit an Motorenversuchen erprobt und verifiziert, wurde aber vor Ort teilweise kontrovers diskutiert.

Mehr Schiffseffizienz durch MCN-Guideline

Richard Marioth (Idealship GmbH) stellte die MCN Guideline Ship Efficiency – eine Guideline, die den Anwendern als Entscheidungshilfe dient und einen ersten Überblick im Dschungel der technischen Möglichkeiten gibt.

Förderprogramm für finanzielle Unterstützung

Robert Kutz (TÜV Rheinland Consulting GmbH) präsentierte zum Abschluss des Tages das Förderprogramm Nachhaltige Modernisierung von Küstenschiffen vor, womit Investitionen in grüne Technologien, die über das gesetzlich erforderliche Maß hinausgehen, mit einer Beihilfe unterstützt werden können. Gerade an diesen Möglichkeiten zeigten sich die Teilnehmenden sehr interessiert.

Oliver Schinzel, Vorstand des Reedervereins Unterelbe und der HSM AG sowie Sprecher des maritimen Ausschusses der IHK Stade resümierte: „Die Transformation der Schifffahrt hin zur Klimaneutralität ist möglich, erfordert aber klare und verlässliche politische Rahmenbedingen.“

Das MCN und die HSM AG werden nach diesem gelungenen Auftakt dem Pfad Richtung klimaneutraler Schifffahrt weiter gemeinsam aktiv verfolgen – denn die Zeichen der Zeit stehen auf Wandel, den man nur gemeinsam mit vielen weiteren Akteur:innen schaffen kann.

 

Kontakt

Henning Edlerherr, Projektmanager Maritimes Cluster Norddeutschland, Geschäftsstelle Niedersachsen
04404 98786-14, henning.edlerherr@maritimes-cluster.de