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26. Juni 2019

Fünf Fragen an … Sabine Müller

Sabine Müller, Innomar Technologie GmbH

Bildrechte: Sabine Müller

Die Innomar Technologie GmbH entwickelt und produziert in Rostock mit 25 Mitarbeitern akustische Unterwassersysteme. Als das Unternehmen 1997 als Spin-off der Universität Rostock den Sprung in die freie Wirtschaft wagte, gehörte Sabine Müller zu den Gründern. In diesem Interview spricht die Innomar-Geschäftsführerin über den Weg vom Start-up zum global tätigen Spezialanbieter, die faszinierende Welt der Sedimente und zunehmende Probleme bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern.

MCN: Frau Müller, die Innomar Technologie GmbH ist Spezialistin für parametrische Sedimentecholote. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Müller: Sedimentecholote arbeiten auf akustischer Basis. Sie dringen in Böden ein und bilden den Schichtaufbau sehr präzise ab. Wir sind anfangs mit Geräten für den Flachwasserbereich gestartet. Das gab es damals weltweit noch nicht. Da gibt es inzwischen ein bisschen Wettbewerb, wir haben aber noch einen guten Vorsprung. Mittlerweile bilden unsere Systeme die volle Produktpalette ab: vom Flachwasser bis zur Tiefsee. Eine interessante Entwicklung, bei der wir auch dabei sind, ist sicherlich die Weiterentwicklung dieser Geräte für autonome Unterwasserfahrzeuge. Da steckt viel Potenzial drin.

MCN: Wer sind Ihre Kunden?

Müller: Wir haben heute rund 450 Systeme in mehr als 50 Ländern im Einsatz. Über 80 Prozent unseres Umsatzes stammen dabei aus dem Ausland – obwohl wir komplett in Rostock produzieren. Der wichtigste Markt für uns sind heute Offshore-Windparks, und zwar weltweit. Unsere Kunden dort sind die Vermessungsfirmen, die für die Windparkbetreiber tätig sind. Wir kommen zum Einsatz, wenn beispielsweise Trassen festgelegt werden sollen, in denen dann die Unterwasserkabel verlegt werden. Während des Verlegens, aber auch danach, sind Messungen nötig. Gezeitenströmungen können zum Beispiel die Sedimentüberdeckungen der Kabel verändern. Das können wir alles sehr präzise messen, selbst wenn die Kabel einen Durchmesser von weniger als zwölf Zentimetern haben und unter einer drei Meter dicken Sedimentschicht liegen. Wir haben die Geräte, um das sehr genau abzubilden.

Eine andere wichtige Kundengruppe sind Baggerfirmen. Bevor die sich auf eine Baggertechnik festlegen, müssen die erst einmal wissen, wieviel Sediment über einer Gesteinsschicht liegt. Wir können denen das präzise sagen. Aufgrund dieser Fähigkeiten waren wir beispielsweise beim Ausbau des Panamakanals und der Erweiterung des Suezkanals dabei. Ein bisschen kurios war unsere Rolle bei der Errichtung der künstlichen Inselwelt Palm Islands in Dubai. Da ging es darum, unterseeische Bausandvorkommen zu erschließen. Man sollte meinen, Dubai habe mehr als genug Sand, doch der tatsächlich reichlich vorhandene Wüstensand ist zum Bauen nicht geeignet.

MCN: Innomar war 1997 eine Ausgründung der Uni Rostock. Gibt es heute noch Berührungspunkte mit der Wissenschaft?

Müller: Ja, wir sind auch in der angewandten Forschung tätig und arbeiten mit wissenschaftlichen Einrichtungen wie dem Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde oder der Uni Kiel zusammen. Außerdem haben wir vor 18 Jahren erstmals einen User-Workshop durchgeführt. Die Idee war, Firmen und Wissenschaft zusammenzubringen, sich auszutauschen und Kooperationspartner zu finden. Das hat sich sehr gut entwickelt. Heute kommen mehr als 100 Teilnehmer aus der ganzen Welt zu unserm zweijährig durchgeführten Workshop. Außerdem bieten wir Studenten Praktikumsplätze und unterstützen sie bei ihren Bachelor- und Diplomarbeiten. Das ist natürlich auch ein Versuch, junge Menschen für Innomar zu begeistern.

MCN: Viele Unternehmen klagen ja heute über Nachwuchsmangel. Gilt das auch für Sie?

Müller: Bis jetzt haben wir zum Glück das richtige Personal gefunden. Aber es wird schwieriger. Wir beobachten seit vielleicht fünf Jahren, dass die jungen Uni-Absolventen vor allem Wert auf gut ausgestattete PC-Arbeitsplätze legen, flexible Arbeitszeiten wünschen und weniger als 40 Stunden in der Woche arbeiten wollen. Auch die Reisebereitschaft ist stark gesunken. Das ist natürlich ein Problem, wenn man weltweit Systeme im Einsatz hat und vor Ort einen guten und flexiblen Service bieten will. Um dem entgegenzuwirken und eine gewisse Technikbegeisterung zu fördern, kooperieren wir mittlerweile mit einem Gymnasium und bieten Schnuppertage und Praktika an. Wir investieren auch Personal und Technik in die Förderung von besonders begabten Studenten. Dafür machen wir alle zwei Jahre einen Wettbewerb. Der Sieger darf dann unter anderem sein Projekt auf unserem Workshop einem internationalen Fachpublikum vorstellen. Bei unserem letzten Wettbewerb hatten wir übrigens 20 Bewerbungen aus dem EU-Ausland, aber null aus Deutschland. Das ist schon erstaunlich.

MCN: Was erwarten Sie sich von Ihrer Mitgliedschaft im Maritimen Cluster Norddeutschland?

Müller: Unser Hauptziel ist es, sehr gut informiert zu sein. Über das Cluster erfahren wir, was andere Firmen machen und welche Entwicklungstendenzen es in der maritimen Wirtschaft insgesamt gibt. Das ist für uns wirklich interessant. Wir hoffen, dass es in Zukunft vielleicht über die bisherigen Kontakte hinaus zu echten Kooperationen kommt, dass Synergien entstehen, gerade bei der Bearbeitung neuer Aufgabenstellungen. Uns beschäftigt beispielsweise das Thema Druckfestigkeit momentan sehr stark, weil wir mit unseren Geräten in noch größere Wassertiefen vordringen wollen. Da sind wir sicherlich an externer Expertise interessiert.

 

Über Sabine Müller

Sabine Müller ist die Geschäftsführerin von INNOMAR seit Gründung der Firma.  Nach dem Elektrotechnik-Studium und einigen Jahren in der Forschung startete die Rostockerin (Jahrgang 1966) gemeinsam mit Kollegen im Jahr 1997 das Unternehmen. Ehrenamtlich ist sie seit 13 Jahren im Vorstand der Deutschen Hydrographischen Gesellschaft tätig und leitet deren Geschäftsstelle. www.innomar.com