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20. Februar 2024

Fünf Fragen an ... Leif Nebel

Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee bergen große Risiken für die Umwelt. Leif Nebel ist geschäftsführender Gesellschafter der Eggers Kampfmittelbergung GmbH. Im Interview erläutert er, warum sein Unternehmen konsequent auf moderne Großtechnik setzt und wie es dafür die richtigen Mitarbeiter:innen findet und entwickelt.

 

MCN: Herr Nebel, Sie gehören mit Ihrem Unternehmen zu den jungen Playern in der Kampfmittelbergung auf See. Wie positionieren Sie sich im Wettbewerb?

Nebel: Als Unternehmen der Eggers-Gruppe wurden wir 2006 gegründet. Mittlerweile sind wir auf 160 Mitarbeiter angewachsen. Im Offshore-Bereich sind wir seit 2010 aktiv. Als junges Unternehmen mussten wir unsere Nische finden. Dabei haben wir von Anfang an auf Technik und Innovation gesetzt und deshalb neben Ingenieuren frühzeitig auch Geophysiker ins Team geholt. Wir haben dann mit diesem Know-how inhouse technische Geräte entwickelt, um uns für die großflächige Munitionsaltlastenbeseitigung in Ost- und Nordsee aufzustellen. Taucher mit ihren vielen Einschränkungen erschienen uns für diese Aufgabe nicht länger geeignet. Tauchen war für uns, als wolle man eine Sandkiste mit einem Teelöffel ausschaufeln. Wir verfolgten daher von Anfang an einen effektiven, industriellen Ansatz.

MCN: Konnten Sie dabei von den anderen Unternehmen der Eggers-Gruppe profitieren?

Nebel: Ja, allerdings. Die Gruppe verfügt unter anderem aus dem Erd- und Tiefbau über sehr viel Erfahrung mit Großgeräten. Das konnten wir uns zunutze machen. So konnten wir mit unseren eigenen Ingenieuren, Mechatronikern und Geowissenschaftlern Geräte für den maritimen Einsatz entwickeln und bauen, mit denen wir heute in Nord- und Ostsee in jeglicher Tiefe großflächig bergen können. Besonders stolz sind wir auf unser multifunktionales Octopus-Tool. Diese Eigenentwicklung könnte man als eine Art Schweizer Messer der Kampfmittelbergung auf See bezeichnen. Sie besitzt den kompletten Werkzeugsatz, den man für diese anspruchsvolle Aufgabe braucht: akustische Kameras, Greifwerkzeuge, überdimensionierte Minensuchgeräte und vieles mehr. Der Octopus lokalisiert und identifiziert Altmunition, legt sie frei und birgt sie schließlich. Das ist sehr effektiv und vor allem auch sicher, denn unsere Teams steuern das Gerät, das dafür auf einer Hubplattform installiert wird, aus der Ferne. Tauchereinsätze im unmittelbaren Gefahrenbereich gehören damit der Vergangenheit an.

MCN: Finden Sie denn die Fachkräfte, die sie dafür brauchen? Für viele Unternehmen ist das derzeit ein sehr großes Problem.

Nebel: Das ist auch für uns ein sehr wichtiges und drängendes Thema. Wir sind derzeit noch gut aufgestellt, weil wir das Problem früh erkannt und proaktiv gehandelt haben. Insbesondere haben wir inhouse ein zweijähriges Trainee-Programm aufgelegt, um neue Mitarbeiter entsprechend unserem Bedarf weiter auszubilden. Durch den Einsatz moderner Großtechnik und Sensorik sind die Anforderungen an unsere Mitarbeiter heute deutlich komplexer als noch vor ein paar Jahren. Es wäre völlig illusorisch, zu erwarten, fertige Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Die gibt es nicht.

MCN: Wie hat sich das Berufsbild verändert? Wo rekrutieren Sie?

Nebel: Wir rekrutieren zum Teil noch klassisch ausgebildete Feuerwerker und Kampfmittelräumer beispielsweise von der Bundeswehr, wenn wir den Eindruck haben, dass sie bereit sind, über den Tellerrand zu gucken und sich weiterzubilden. In den vergangen zwei, drei Jahren kommen aber rund 70 Prozent unserer neuen Mitarbeiter aus den Geowissenschaften. Die bringen die intellektuellen Fähigkeiten und Spezialkenntnisse mit, die für unsere heutige Arbeit unerlässlich sind. Der Umgang mit Geodatenbanken gehört beispielsweise dazu. Es macht viel Sinn, diese Mitarbeiter intern weiterzubilden. Dafür sind aber einige Anstrengungen notwendig. So haben wir das Recht erworben, selbst Lehrgänge zum Sprengstoffrecht durchzuführen. Es gibt dafür bundesweit nur vier Schulen. Wir sind die einzigen, die solche Lehrgänge ausschließlich intern durchführen.

MCN: Eggers gehört zu den Gründungsmitgliedern des Maritimen Clusters Norddeutschland. Welchen Wert hat Ihr Mitwirken im Cluster für Ihr Unternehmen?

Nebel: Wir waren tatsächlich schon bei den Vorläufern des Clusters mit an Bord. Wir haben uns seinerzeit mit verschiedenen Playern in konkreten Projekten, in denen es beispielsweise um die Munitionsortung und -räumung im Meer ging, eng vernetzt und ausgetauscht. Das hat alle Beteiligten und die Sache selbst wirklich vorangebracht. Das war in den Anfangsjahren sehr intensiv. Diese Einbeziehung ist für uns sehr wichtig. Aktuell gibt es da aus meiner Sicht Potenzial für mehr.

Über Leif Nebel

Leif Nebel (Jahrgang 1975) ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Eggers Kampfmittelbergung GmbH, einem Unternehmen der Eggers-Gruppe mit Sitz in Tangstedt. Daneben gehört er unter anderem dem Vorstand des Nationalen Informationszentrums Chemische Kampfmittel an. Nebel ist zudem ausgebildeter Sprengmeister.