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11. Oktober 2021

Fünf Fragen an ... Lars Greitsch

Lars Greitsch, MMG Mecklenburger Metallguss GmbH

Lars Greitsch, Geschäftsführer und Leiter Forschung und Entwicklung der MMG Mecklenburger Metallguss GmbH – © MMG Mecklenburger Metallguss GmbH

Dr.-Ing. Lars Greitsch ist Geschäftsführer und Leiter Forschung und Entwicklung der MMG Mecklenburger Metallguss GmbH. Im Interview spricht er darüber, welchen Beitrag effiziente Propeller zum Klimaschutz leisten, wie ein deutsches Schwerindustrieunternehmen gegen Konkurrenz aus Asien besteht und wie bröckelnde Brücken und Autobahnen das Exportgeschäft erschweren.

MCN: Herr Greitsch, die Weltschifffahrtsorganisation IMO verlangt von der Schifffahrt in kurzer zeit eine drastische Reduzierung ihrer CO2-Emissionen. Welchen Beitrag können die von Ihnen entwickelten und produzierten Propeller dazu leisten?

Greitsch: Propeller sind wesentlich mitentscheidend für die Effizienz des Antriebsstrangs eines Schiffs. Hier hat es in den vergangenen Jahren sehr große Fortschritte gegeben. Unsere aktuellen Propeller erreichen Wirkungsgrade von weit über 80 Prozent – damit kratzen wir langsam an der physikalischen Grenze. Wichtig ist, dass diese effizienten Propeller nicht nur bei Schiffsneubauten zum Einsatz kommen. Seit 2013 beschäftigen wir uns deshalb mit dem Thema Retrofit und haben seitdem rund 380 Propeller ausgetauscht. Die Steigerung des Wirkungsgrads durch einen solchen Retrofit ist beachtlich. Je nach Konstruktion des vorhandenen Schiffs sind Kraftstoffeinsparungen von bis zu 15 Prozent möglich. Moderne Propeller können also sehr spürbar zur Reduzierung von Treibhausgasen durch die Schifffahrt beitragen.

MCN: Insbesondere die Containerschifffahrt boomt derzeit. Schlägt sich die steigende Nachfrage nach Neubauten auch in Ihren Auftragsbüchern nieder?

Greitsch: Ja, wir spüren diese Entwicklung sehr deutlich. Im Augenblick haben wir vor allem in der Entwicklung sehr viel zu tun. Bis zur Produktion eines neuen Propellers, der immer ein Unikat ist, bedarf es ja eines gewissen Vorlaufs. Die Nachfrage kommt nicht nur aus dem Schiffsneubau. Wegen der strengen IMO-Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasemissionen erleben wir einen starken Anstieg auch im Retrofit. Die alten Propeller, die in diesem Prozess ersetzt werden, schmelzen wir übrigens oft ein und verwenden das Material für neue Projekte. Da geht also wenig verloren.

MCN: Die MMG Mecklenburger Metallguss GmbH entwickelt und produziert seit 150 Jahren in Waren an der Müritz. Wie schaffen sie es, als Schwerindustriebetrieb am Standort Deutschland gegen die weltweite Konkurrenz zu bestehen?

Greitsch: Das ist in der Tat nicht einfach. Wir exportieren circa 90 bis 95 Prozent unserer Produktion nach Asien, dorthin also, wo die großen Schiffe heute gebaut werden. Natürlich gibt es vor Ort ebenfalls Produzenten. Um preislich trotz der großen Entfernung wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir höchst effizient produzieren. Wir sind überzeugt, dass wir auch die bessere Qualität liefern, aber der Preis ist wirklich sehr wichtig, denn nicht jeder potenzielle Kunde ist bereit, für mehr Qualität auch mehr zu bezahlen. Ein echter Standortnachteil ist leider die zunehmend bröckelnde Infrastruktur in Deutschland. Wir produzieren in Waren an der Müritz und müssen unsere Propeller über 200 Kilometer auf dem Landweg per LKW in den Hamburger Hafen bringen. Marode Brücken und eine Vielzahl von Autobahnbaustellen machen es für uns immer teurer und schwerer, unsere nächtlichen Schwertransporte zu organisieren. Das ist ein ernstes Problem. Der Weitertransport von Hamburg mit dem Schiff nach Asien ist dagegen problemlos.

MCN: Welchen Stellenwert haben Forschung und Entwicklung für die MMG Mecklenburger Metallguss GmbH?

Greitsch: Einen hohen. Jeder Propeller ist ein Unikat. Es gibt keinen Prototypen. In der Entwicklung setzen wir daher sehr stark auf hochentwickelte Simulationsverfahren. Jedem Propeller geht ein von uns entwickelter digitaler Zwilling voraus, mit dem wir aufwändige Simulationen fahren. So stellen wir sicher, dass wir das Maximum an Effizienz herausholen. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, dürfen wir hier nicht nachlassen. Aber nicht nur in der Entwicklung, auch in der anschließenden Produktion setzen wir auf innovative Technologien. Zum Beispiel stellen wir Gussmodelle im 3D-Druckverfahren her.

MCN: Was hat Sie bewogen, im Maritimen Cluster Norddeutschland mitzuwirken?

Greitsch: Es gibt mehrere Gründe. International sind wir sehr gut vernetzt. Über das Maritime Cluster Norddeutschland sehen wir auch, welche Entwicklungen es hier auf den lokalen Märkten gibt. Dabei ist es hilfreich, dass das MCN alle fünf Nordländer abdeckt. Uns gefallen auch die Veranstaltungen des MCN sehr gut. Unsere Mitarbeiter können dort leicht mit anderen Experten, auch aus anderen Fachrichtungen, in Kontakt treten. So können alle möglichen neuen Ideen entstehen, die dann vielleicht in gemeinsamen Forschungsvorhaben oder anderen Formen der Zusammenarbeit münden. Das ist sehr wertvoll.

 

Über Dr.-Ing. Lars Greitsch

Dr.-Ing. Lars Greitsch, Jahrgang 1975, ist gebürtiger Dortmunder. Nach dem Abitur machte er zunächst eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Es folgte ein Diplom-Maschinenbaustudium an der Universität Rostock. 2006 bis 2009 war Greitsch wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffsicherheit an der Technischen Universität Hamburg, Abschluss mit Promotion im Jahr 2011. 2009 Eintritt in die MMG Mecklenburger Metallguss GmbH, dort tätig als Entwurfsingenieur und später als Leiter Forschung & Innovation. 2017 wird Lars Greitsch in die Geschäftsführung der MMG Mecklenburger Metallguss GmbH berufen.