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19. September 2019

„Wir reduzieren das Rauschen in den Daten“

Ein Interview mit Thilo Dückert von StormGeo über die Einsatzmöglichkeiten maschinellen Lernens im Kampf gegen kraftstofffressenden Rumpfbewuchs. 

MCN: Herr Dückert, „Künstliche Intelligenz – Intelligente Schifffahrt“ lautet eines der Schwerpunktthemen auf der MEER KONTAKTE Messe am 23. und 24. Oktober in Kiel. Ihr Unternehmen StormGeo wird dort über den „Einsatz von Machine Learning zur Analyse von Hull Fouling“ berichten. Welches Problem stellt das Hull Fouling, also der Bewuchs des Rumpfes, für die Schifffahrt überhaupt dar?

Dückert: Hull Fouling ist ein sehr wichtiges Thema für die Betreiber von Schiffen. Jedes Schiff, das durchs Wasser fährt, bewächst mit Algen, Muscheln und anderen Organismen. Das gilt insbesondere in wärmeren Gewässern. Dieser Belag wird mit der Zeit immer dicker. Je dicker er ist, desto schlechter wird die Performance eines Schiffs. Der Widerstand im Wasser wächst, und damit auch der Verbrauch. Bei einem stark bewachsenen Unterwasserschiff kann der Mehrverbrauch schon mal 30 Prozent erreichen. Wenn man bedenkt, dass ein Containerschiff zwischen 15 und 75 Tonnen Kraftstoff am Tag verbraucht, kann man sich vorstellen, was das kostet.

MCN: Wie kann ein Schiffsbetreiber denn feststellen, wie stark der Bewuchs ist?

Dückert: Eine Möglichkeit ist natürlich, einen Taucher runterzuschicken. Der sieht dann, wie stark der Bewuchs ist. Er kann aber keine Aussagen darüber treffen, wie sich dieser auf den Kraftstoffverbrauch auswirkt. Unser Ansatz ist daher eine anderer: Wir machen das nicht optisch, sondern berechnen das.

MCN: Wie funktioniert das in der Praxis?

Dückert: Das geschieht über ein recht komplexes Formelwerk. Mit diesem gelingt es uns, alle Umwelteinflüsse herauszurechnen. Das ist notwendig, um realistische Aussagen über den Bewuchs zu treffen, denn ein Schiff, dass durch eine hohe Welle oder im starken Gegenwind fährt, verbraucht natürlich mehr als im Normalbetrieb. Auch die Wassertemperatur spielt eine Rolle, denn kaltes Wasser ist zäher als warmes. Also braucht das Schiff im kalten Wasser mehr Leistung für die gleich Geschwindigkeit. Wenn wir das alles rausrechnen, bleibt am Ende der Effekt des Hull Fouling übrig. Das ist eine etablierte Methode, die auch in einer ISO-Norm verankert ist.

MCN: StormGeo hat das Verfahren nun mithilfe von Machine Learning Technologie weiter verfeinert. Was darf man sich darunter vorstellen?

Dückert: Die herkömmliche Standardmethode, die ich gerade beschrieben habe, war schon ganz gut, aus unserer Sicht aber noch viel zu ungenau. Wir wollten sie also weiter verfeinern, und das ist uns auch gelungen. Unser Ausgangspunkt war, dass wir bei der Berechnung des Hull-Fouling-Faktors Effekte beobachten konnten, die zwar ein Muster ergaben, bei denen ein physikalischer Wirkzusammenhang aber nicht ersichtlich war. Dementsprechend ließen sich diese Effekte auch nicht über Formeln darstellen und berechnen. Die Ursachen für diese Effekte sind vielfältig, sie können zum Beispiel in einer fehlerhaft kalibrierten Messanlage an Bord liegen. Unser Algorithmus erkennt nun die Muster dahinter und kann die Daten entsprechend korrigieren. Er eliminiert sozusagen das Rauschen in den Daten. So lassen sich viel genauere Aussagen über den Unterwasserbewuchs treffen.

MCN: Was bringt das ihren Kunden?

Dückert: Hull Fouling ist, wie schon erwähnt, wegen des deutlich steigenden Kraftstoffverbrauchs ein erheblicher Kostenfaktor für Schiffsbetreiber. Mithilfe unseres Algorithmus können sie nun die Frequenz der Reinigung von Rumpf und Propeller weiter optimieren. Außerdem können sie auch feststellen, ob das Coating so wirkt, wie vom Hersteller versprochen. Da ein Anstrich ziemlich teuer ist, ist das nicht ganz unwichtig.

MCN: Mit welchen Erwartungen reisen Sie zur MEER KONTAKTE Messe nach Kiel?

Dückert: StormGeo will natürlich die Chance nutzen, sein Produkt einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Außerdem glauben wir, dass wir auf der MEER KONTAKTE viele relevante Kontakte in der maritimen Industrie in Norddeutschland knüpfen können.

 

Über Thilo Dückert

Dr. Thilo Dückert ist Vice President Fleet Performance Management der StormGeo GmbH in Hamburg, die zur norwegischen StormGeo Gruppe gehört. Zuvor arbeitete er von 2014 bis 2018 als Produktmanager für das Fleet Performance System ECO Insight von DNV GL. Drei Jahre im Corporate Development des Germanischen Lloyd sowie sieben Jahre als Projektmanager bei McKinsey & Company gingen dem voran. Dr. Thilo Dückert besitzt einen Hochschulabschluss in Maschinenbau und wurde in Betriebswirtschaftslehre promoviert.

StormGeo bei der MEER KONTAKTE

Erfahren Sie mehr zum Einsatz von Machine Learning zur Analyse des Bewuchses an Schiffen bei unserer maritimen Messe MEER KONTAKTE in Kiel.

„Einsatz von Machine Learning zur Analyse von Hull Fouling“
Erik Heller, StormGeo GmbH
24. Oktober 2019 | 11:45 bis 12:30 Uhr