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01. Dezember 2021

Ultraschall als umweltfreundliche Waffe gegen Schiffsbewuchs

Das junge Kieler Unternehmen HASYTEC hat eine Technologie entwickelt, die per Ultraschall den Bewuchs auf Schiffsrümpfen und -propellern verhindert und damit den MCN Cup 2021 in der Kategorie A „Wie lassen sich Bestandsschiffe nachhaltiger betreiben?“ gewonnen. Wie das funktioniert und welche ökologischen Vorteile die Technologie bietet, erläutert Mitgründer Jan Kelling im Interview.

Herr Kelling, wie unterscheidet sich ihr „Dynamic Biofilm Protection“ von herkömmlichem Antifouling?

Schiffsrümpfe und Schiffspropeller neigen zu marinem Bewuchs. Dadurch erhöht sich mit der Zeit der Wasserwiderstand der Rümpfe. Auch die Kraft eines Propellers leidet unter Bewuchs. Das führt zu einem höheren Verbrauch und damit zu höheren CO2-Emissionen. Herkömmliches Antifouling, das auf den Schiffsrumpf appliziert wird, um diesen Bewuchs zu verhindern, ist aber ökologisch bedenklich, da es Chemikalien, Schwermetalle und andere Biozide enthält, die nach und nach ins Wasser abgegeben werden. Unser Ansatz ist ein komplett anderer: Wir nutzen Ultraschall.

Wie darf man sich den Einsatz ihrer Technologie in der Praxis vorstellen?

Um den Bewuchs zu verhindern, müssen Schallgeber am Rumpf oder in der Nähe des Propellers angebracht werden. Die sind etwa so groß wie eine Getränkedose. Diese Schallgeber werden auf der trockenen Innenseite des Rumpfs aufgeklebt. Im Betrieb erzeugen sie Ultraschallwellen einer bestimmten Frequenz und Leistungsstärke. Die Schallwellen gehen durch das Material in die Flüssigkeit dahinter und sorgen dafür, dass auf der Außenhülle keine Einzeller anhaften können. Das ist der entscheidende Punkt, denn diese Einzeller bilden wiederum den Biofilm, der die Grundlage für jeden Bewuchs mit Muscheln, Algen und anderen Lebewesen bildet.
Mit Ultraschall bleiben die Oberflächen frei von Bewuchs, ohne dass giftige Stoffe in die Umwelt abgegeben werden. Einmal installiert, funktioniert das System wartungsfrei. Wir nutzen Ultraschall zudem auch, um Seewasserkühlsysteme vor Bewuchs zu schützen. Bisher waren dafür Kupferanoden üblich. Die daraus resultierende Abgabe von Kupfer, also Schwermetall in die Weltmeere, wird durch unsere Technologie obsolet.

Lässt sich beziffern, wieviel Brennstoff durch ein sauberes Unterwasserschiff und einen sauberen Propeller eingespart werden können?

Wirklich fundierte Zahlen dazu fehlen leider. Aber die Fachleute sind sich einig, dass beispielsweise der Kraftstoffverbrauch eines bewachsenen Propellers mindestens ein Prozent höher liegt als bei einem sauberen. Das klingt erstmal gering. Aber wenn Sie sich ein großes Containerschiff mit 20.000 Standardcontainern vorstellen, das täglich 150 Tonnen Brennstoff verbraucht, dann sind das eineinhalb Tonnen Brennstoff pro Tag. Beim aktuellen Preisniveau liegen Sie dann bei 750 Dollar am Tag. Es summiert sich. Unser Komplettpaket für ein System für Propeller liegt inklusive Versand, Installation und gegebenenfalls Reisekosten für einen Techniker deutlich unter 20.000 Euro. Die Kosten amortisieren sich in diesem Fall also innerhalb von rund vier Wochen.

Wie viele Ihrer Systeme sind schon im Einsatz? Und für welche Schiffstypen sind sie geeignet?

Unser System ist universell einsetzbar. Wir haben rund 5000 Schallgeber auf weltweit ungefähr 350 Schiffen installiert – vom Hafenschlepper über die kleine Fähre und das Kreuzfahrtschiff bis hin zum großen Containerschiff, Tanker oder Bulker.

Sie gehörten vor fünf Jahren zu den Gründern von HASYTEC. Wie ist das Unternehmen heute aufgestellt?

Wir haben heute in Kiel rund 20 Mitarbeiter, darunter auch eine starke eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit einem Nanotechniker, einem Elektrotechniker, einem Physiker und einer Ozeanographin.

HASYTEC hat vor dem MCN Cup 2021 auch schon den Deutschen Innovationspreis 2020 gewonnen. Das weckt Erwartungen: Welche Innovationen haben Ihre Entwickler aktuell noch in der Pipeline?

Wir entwickeln unsere Technologie anhand der in der Praxis gesammelten Erfahrungen laufend weiter.  Erst vor wenigen Wochen konnten wir unsere nächste Produktgeneration in den Markt einführen. Die Steuerung unseres neuen Produkts arbeitet mit Künstlicher Intelligenz und ist dadurch in der Lage, die jeweils im Einzelfall benötigten Frequenzen eigenständig zu ermitteln. Dadurch arbeitet das System extrem effizient. Außerdem wird es nun über eine Software gesteuert. Wir können den Kunden also Weiterentwicklungen über Softwareupdates zugänglich machen.  Daneben gehören wir auch einem von der EU-geführten Forschungskonsortium an. Da geht es darum, innovative und auch disruptive Technologien zusammenzuführen, um ein Schiff zu entwickeln, das mit so wenig CO2-Emissionen wie irgend möglich auskommt. Die Ideen gehen uns also nicht aus.

 

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