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08. Dezember 2022

Fünf Fragen an ... Simeon Hiertz

Simeon Hiertz, Leviathan

© Foto: Leviathan / Jörg Sarbach

Schiffe umweltfreundlich und sicher zu recyceln, ist der Geschäftszweck der Cuxhavener Leviathan GmbH. Im Interview verrät Gründer und Geschäftsführer Simeon Hiertz, wie das in der Praxis aussehen soll und warum sein junges Unternehmen dabei auf den Standort Deutschland setzt.

 

MCN: Herr Hiertz, Sie haben die vorherrschende Praxis, ausrangierte Handelsschiffe an den Stränden Asiens von Heerscharen von Arbeiter:innen abwracken zu lassen, einmal als dunkle Seite der Schifffahrt bezeichnet. Gibt es bei diesem Thema mittlerweile etwas mehr Licht am Horizont?

Hiertz: Ja, ein bisschen schon. Wir spüren auch bei diesem Thema, dass in unserer Gesellschaft der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit größer wird. Wir sehen, dass einzelne Reedereien ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein in der Hinsicht haben. Zusätzlich machen externe Akteure den Reedereien Druck, bei diesem Thema verantwortlicher zu handeln. Neben Banken und Versicherern sind das vor allem die Befrachter: Große Markenhersteller, etwa aus der Automobilbranche, erwarten von ihren Reedern, dass diese ihre Schiffe am Ende ihres Lebenszyklus vernünftig recyceln. Das wird zumindest gefordert. Inwieweit das in der Praxis schon nachgehalten wird, ist eine andere Frage.

MCN: Mit Ihrem Unternehmen, der Leviathan GmbH, wollen Sie künftig in Deutschland eine umweltfreundliche Alternative zur herkömmlichen Praxis anbieten. Wie soll die konkret aussehen?

Hiertz: Wir wollen einiges anders und besser machen. Ganz wichtig ist, dass wir außer Dienst gestellte Schiffe in Deutschland natürlich nicht am Strand zerlegen werden. Alle Arbeiten finden im Dock statt. Wir werden sehr stark mit Robotern arbeiten, die den Stahl mit einem kalten Wasserstrahl zerschneiden. Das geschieht ferngesteuert von außen. Wir haben also kein Personal mit heißem Schweißbrenner an Bord. Die gefährlichsten und häufigsten Arbeitsunfälle sind damit technisch praktisch ausgeschlossen. Wir schneiden zudem nahezu ohne CO2-Emmissionen. Der gesamte Prozess ist extrem effizient und auch dadurch umweltfreundlicher als das herkömmliche Abwracken.

MCN: Wie kamen Sie darauf, ausgerechnet in Deutschland eine Schiffsrecyclinganlage zu planen, und wann und wo geht es konkret los?

Hiertz: Für Unternehmen wie Leviathan, die einen sehr hohen Automatisierungsgrad anstreben, ist Deutschland immer noch ein guter Standort. Die hohen Lohnkosten sind für uns nicht der entscheidende Faktor. Sie finden hier hoch qualifiziertes Personal, und das ist für uns viel wesentlicher. Außerdem profitieren wir von der Nähe zu zahlreichen Zulieferern. Wir suchen derzeit allerdings noch einen passenden Standort, und sind mit einigen möglichen bereits in konkreten Gesprächen. Im Grunde kommt dafür jeder Werftstandort in Frage. Konkret losgehen soll es dann nach Möglichkeit im Sommer 2023. Das klingt ambitioniert, wir halten es aber für sehr realistisch. Wir wollen mit einem Schiff beginnen und dann langsam hochskalieren. Wir brauchen dann allerdings auch noch einen Reeder, der uns ein Schiff zum Recyceln verkauft.

MCN: Vielleicht finden Sie den entscheidenden Kontakt ja über das Maritime Cluster Norddeutschland …

Hiertz: Das halte ich für möglich. Solche Netzwerkeffekte erleben wir im MCN immer wieder, und die machen auch seinen Wert für viele Mitglieder aus. Wir haben auch schon viele nützliche Kontakte und Impulse aus diesem Netzwerk bezogen – das MCN macht da wirklich einen spitzen Job!

MCN: 2021 wurde Ihr Unternehmen für seine innovativen Schiffsrecycling-Lösungen mit dem erstmals vergebenen MCN Cup ausgezeichnet. Konnten Sie davon profitieren?

Hiertz: Absolut. Wenn Sie als junge Firma mit einem solchen Thema an den Start gehen, dann gibt es für Sie nichts Wichtigeres als Öffentlichkeit. Und in dieser Hinsicht hat der MCN Cup uns wirklich zusätzlichen Rückenwind verliehen. Das war sehr hilfreich.

 

Über Simeon Hiertz

Simeon Hiertz (41) hat 2021 mit Karsten Schumacher die Leviathan GmbH gegründet. Als geschäftsführende Gesellschafter führen sie heute gemeinsam das Cuxhavener Unternehmen. Hiertz verfügt über einschlägiges Know-how als Schiffbauingenieur, Schweißfachingenieur und langjähriger Besichtiger des DNV GL (vormals Germanischer Lloyd).