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25. Mai 2020

Fünf Fragen an … Martin Lochte-Holtgreven

Martin Lochte-Holtgreven, Consist Software Solutions

Bildrechte: Consist Software Solutions GmbH

Digitale Transformation, IT Security und Managed Services sind die Themen der Kieler Consist Software Solutions GmbH. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise rät ihr Geschäftsführer Martin Lochte-Holtgreven den Unternehmen der maritimen Branche, resilienter gegen unerwartete Störungen zu werden.

MCN: Herr Lochte-Holtgreven, wie sind Sie mit Ihrem Unternehmen bislang durch die Corona-Krise gekommen?

Als IT-Unternehmen war die technische Umstellung auf Remote-Working für uns kein Problem. Darauf waren wir sehr gut vorbereitet. Unsere Berater arbeiten ohnehin viel von unterwegs, das ist für sie Routine. Die wirtschaftliche Entwicklung ist natürlich auch für uns nicht erfreulich. Für das zweite Halbjahr erwarten wir leider eine schwierigere Situation. Viele Unternehmen kürzen oder verschieben aufgrund der Corona-Lage Projekte, und das wirkt sich auch für uns als Dienstleister aus. Ich gehe davon aus, dass wir wohl für anderthalb Jahre die Rezession zu spüren bekommen.

MCN: Was kann die maritime Wirtschaft insgesamt aus der Corona-Krise lernen?

Diese Krise hat in ihrem Ausmaß wohl niemand vorhergesehen. Die vielleicht wichtigste Lehre ist daher aus meiner Sicht, dass Unternehmen sich auf solche unvorhergesehenen Krisen besser vorbereiten sollten. Sie müssen resilienter werden, das heißt widerstandsfähiger gegen solche Disruptionen, und sich dabei auf Szenarien einstellen, die vielleicht in keinem Lehrbuch stehen. Wissen wir denn, ob im nächsten Jahr nicht ein „Covid-21“ als neue Bedrohung auftaucht? Nein. Um solche Störungen früh zu erkennen und ihren Folgen zu widerstehen, müssen Unternehmen mehr als bislang über den eigenen Tellerrand blicken. Zu den grundlegenden Dingen, die jedes Unternehmen beherrschen sollte, gehört das Thema Remote Work oder Fernarbeit. Wer das nicht beherrscht, wird spätestens in der nächsten Krise Schwierigkeiten bekommen.

MCN: Mobiles Arbeiten scheint ja bei vielen Firmen mittlerweile ganz gut zu klappen. Aber hat die Corona-Krise darüber hinaus der Digitalisierung der Branche einen Schub verliehen?

Ich beobachte, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Viele Unternehmen sind momentan sehr damit beschäftigt, einfach nur zu überleben. Schiffe werden aufgelegt, Reedereien reduzieren ihre Abfahrten – die Branche beschäftigt sich mit anderen Themen als IT, fürchte ich. Dabei kommt sie daran nicht vorbei. Vor allem im Bereich der IT Security gibt es viele Lücken. Und die Cyberkriminellen haben die Branche im Visier, wie zuletzt die Attacke auf die Containerlinienreederei MSC Anfang April noch einmal dramatisch vor Augen führte. Derartige Angriffe können für kleinere Unternehmen sehr schnell existenzbedrohend sein. Im Augenblick beobachten wir auch verstärkt Phishing-Attacken, die von der Corona-Angst profitieren wollen. Die Weltschifffahrtsbehörde IMO hat das erkannt und puscht das Thema IT Security. Aber bis die ab 2021 vorgeschriebenen Regelungen zur Cybersecurity tatsächlich umgesetzt sind, dauert es natürlich. Ich würde jedenfalls jedem Unternehmen, welches das noch nicht getan hat, dringend empfehlen, seine Schwachstellen in einem ersten Audit zu identifizieren und zu schließen. Externe Experten sind da in der Regel sehr hilfreich.

Consist Deutschland ist mit seinen rund 220 Mitarbeitern ein klassisches mittelständisches Unternehmen, gehört zugleich aber der internationalen Consist World Group an. Welche Vorteile bietet eine solche Konstellation?

Wir sind mit dieser Konstruktion sehr glücklich. Sie bietet uns das Beste aus beiden Welten. Auf der einen Seite haben wir die Flexibilität und Individualität eines Mittelständlers. Auf der anderen Seite nutzen wir auch die Sicherheit und die Möglichkeiten, die ein globales Netzwerk mit seinen vielfältigen Ressourcen bietet. Wir profitieren zum Beispiel sehr von den spannenden Produktpartnern, die andere Gesellschaften in die Gruppe einbringen. Das macht uns wirklich stärker. Wir sehen, welche Technologien am Markt erfolgreich sind, und können diese, da wir herstellerunabhängig sind, für unsere Kunden nutzbar machen.

Was schätzen Sie an der Arbeit des Maritimen Clusters Norddeutschland? Und wo könnte es noch besser werden?

Ich schätze das Maritime Cluster Norddeutschland wegen der Vernetzung, die es ermöglicht. Für uns ist es daneben vor allem als ideengebendes Forum wertvoll. Wir können hier aus unserer IT-Welt heraus Impulse geben, erhalten umgekehrt aber auch welche von den anderen Mitgliedern. Dabei lebt das Cluster aus meiner Sicht vor allem von seiner fachlichen, inhaltlichen Arbeit und weniger von den politischen Diskussionen. Persönlich wünschen würde ich mir noch mehr clusterübergreifende Veranstaltungen. Kreativworkshops über mehrere Cluster hinweg finde ich sehr spannend. In solchen Formaten entstehen wirklich gute Ideen, was wir gemeinsam tun können, um noch besser zu werden.

Über Martin Lochte-Holtgreven

Martin Lochte-Holtgreven (62) ist seit 1995 Geschäftsführer der Consist Software Solutions GmbH. Nach Studienaufenthalten in Kiel und den USA und dem Abschluss des Studiums zum Diplom-Mathematiker an der Christian-Albrechts-Universität, Kiel, war er seit 1983 für die interne Datenverarbeitung sowie in externen Beratungsaufträgen der Krupp MaK Maschinenbau GmbH tätig, bevor er 1989 mit dem MBA-Programm am INSEAD in Fontainebleau seine betriebswirtschaftliche Ausbildung ergänzte. Von 1990 bis 1995 arbeitete er als freiberuflicher Unternehmensberater mit den Schwerpunkten IT-Strategie und IT-Management. Martin Lochte-Holtgreven wurde von 1993 bis 2003 als Sachverständiger für kommerzielle Datenverarbeitung öffentlich bestellt und ist in vielen Arbeitskreisen und Initiativen aktiv, u,a. als Vorsitzender des Arbeitskreises Digitalwirtschaft und Digitalisierung der IHK zu Kiel. Martin Lochte-Holtgreven ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

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