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04. November 2020

Fünf Fragen an ... Dr. Dana Meißner

Dr. Dana Meißner

Dr. Dana Meißner, Institut für Sicherheitstechnik / Schiffssicherheit e.V.

Mehr Sicherheit an Bord – so lautet das Ziel des Instituts für Sicherheitstechnik / Schiffssicherheit e.V. in Rostock. Welchen Beitrag die kleine Denkfabrik im Norden leistet und welche Themen aktuell auf der Agenda stehen, erläutert Dr. Dana Meißner.

 

MCN: Frau Dr. Meißner, womit befasst sich das Institut für Schiffssicherheit?

Wir beschäftigen uns mit sämtlichen Themen rund um die Sicherheit von Schiffen. Anfangs, also vor rund 30 Jahren, lag unser Fokus auf der Brandbekämpfung und -erkennung. Mit der Zeit sind wir aber thematisch flexibler geworden. Das hängt oft auch mit aktuellen Entwicklungen und politischen Ereignissen zusammen. Nach den Anschlägen vom 9. September 2001 habe wir uns sehr stark mit dem Thema Terrorismus beschäftigt und darüber geforscht, wie konkrete Anschlagsszenarien in der Schifffahrt aussehen und wie wir Schiffe „terrorsicher“ machen könnten. Piraterie war ebenfalls ein großes Thema. In den vergangenen Jahren kam die Flüchtlingsproblematik hinzu. Sehr viele Flüchtlinge wurden ja von Handelsschiffen gerettet. Deren Besatzungen waren in der Regel nicht darauf vorbereitet, teilweise mehrere Hundert Flüchtlinge an Bord unterzubringen. Da gab es einen großen Beratungsbedarf. Heute stehen Themen wie Green Shipping, alternative Treibstoffe und Umweltschutz weit oben auf der Agenda.

MCN: In diesem Jahr kam ein neues Sicherheitsrisiko hinzu: Covid-19! War die Schifffahrt darauf vorbereitet?

Jein. Wir hatten tatsächlich vor drei Jahren ein ganz großes Forschungsprojekt, wo es um Infektionskrankheiten auf Kreuzfahrtschiffen ging. Wir haben da sehr gute Hygienekonzepte entwickelt. Unsere Forschungen fanden damals, ehrlich gesagt, relativ wenig Interesse. Zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt. Auch dank unserer Forschung sind viele Möglichkeiten, die Menschen an Bord vor ansteckenden Krankheiten zu schützen, vorhanden und bekannt. So kann es sinnvoll sein, einzelne Kabinen installationstechnisch von der Klimaanlage zu trennen. Es gibt auch unterschiedliche Möglichkeiten, Keime an Bord abzutöten, etwa durch UV-Licht oder Ozon. Die Mittel sind also durchaus vorhanden, man muss sie aber auch nutzen wollen. Wichtig ist, dies möglichst schon beim Bau eines Schiffs zu bedenken. Ein Nachrüsten ist oft schwierig.

MCN: Ein anderes heißes Thema ist derzeit die politisch gewollte und geförderte Ausbreitung von Elektro-Autos. Dürfen die überhaupt auf herkömmlichen Fährschiffen transportiert werden?

An diesem Thema arbeiten wir gerade im Forschungsprojekt ALBERO, in dem wir eng mit den Reedereien im Ostseeraum zusammenarbeiten. Brauchen die Fähren neue Sicherheitseinrichtungen oder reichen die vorhandenen Löschsysteme aus? Sollten E-Autos gesonderte Stellflächen an Bord bekommen? Brauchen wir dann eine Vorsortierung schon im Hafen? Das sind einige spannende Fragen, denen wir nachgehen. Wir führen dazu auch Brandversuche mit Li-Ionen-Batterien durch. Ein anderes Thema sind Ladesäulen an Bord. Es häufen sich Anfragen von Passagieren, die ihre Fahrzeug-Batterie während der Überfahrt von Deutschland nach Schweden gerne aufladen würden. Also erforschen wir, wie eine schiffstaugliche Ladestation aussehen könnte. Die Bedingungen an Bord sind ja ganz andere als an Land: Das Schiff vibriert und schaukelt, die Luft ist sehr feucht und salzhaltig und auch das Bord-Stromnetz ist anders. Das muss alles bedacht und berechnet werden, damit das sicher funktionieren kann.

MCN: Wie eng arbeitet Ihr Institut mit der maritimen Wirtschaft zusammen?

Sehr eng. Wir sind zu fast 100 Prozent drittmittelfinanziert und holen uns auch fast immer Industriepartner an Bord. Die stellen dann beispielsweise ihre Daten zur Verfügung oder testen unsere Entwicklungen im Betrieb. Der Austausch mit den Praktikern ist für uns sehr wichtig. Die gucken uns auf die Finger und sagen uns, ob eine Lösung auch praktikabel ist. Für einen Forscher, der immer die beste Lösung will, kann das auch schon mal frustrierend sein. Die Lösung an Bord muss eben auch abgestimmt sein auf die Möglichkeiten der Mannschaft. Wenn ein Sensor so kompliziert ist, dass nur ein externer Spezialist ihn warten und bedienen kann, macht seine Installation wahrscheinlich keinen Sinn.

MCN: Wie wichtig ist für Sie die Mitgliedschaft im Maritimen Cluster Norddeutschland?

Die ist für uns schon sehr wertvoll. Wir sind ja ein kleines Institut mit – je nach Projektlage – um die zehn Mitarbeitern. Wir haben keine eigenen Labore und produzieren auch nichts. Wir verstehen uns am ehesten als Denkfabrik. Da ist es natürlich extrem wichtig, zu sehen was links und rechts von uns passiert und wo es vielleicht potenzielle Partner gibt. Das Maritime Cluster bietet uns da mit seinen Veranstaltungen und Arbeitsgruppen tolle Networking-Möglichkeiten. Wir schätzen es auch sehr, dass das Maritime Cluster Veranstaltungen kleinerer Mitglieder aktiv bewirbt.

 

Über Dr. Dana Meißner

Dr. Dana Meißner (Jahrgang 1970) leitet seit 2009 den Bereich Forschung & Entwicklung des Instituts für Sicherheitstechnik / Schiffssicherheit e.V. in Rostock-Warnemünde. Dem Institut gehört die promovierte Chemikerin seit 2002 an.