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28. April 2023

Fünf Fragen an ... Andreas Höth

Andreas Höth, Baker Tilly

© Baker Tilly

Baker-Tilly-Partner Andreas Höth blickt auf den Wandel in der maritimen Beratungslandschaft, das Auf und Ab der Schiffsfinanzierung sowie die Lust am (erfolgreichen) Streit mit Finanzämtern.

 

MCN: Herr Höth, als Partner im Beratungsunternehmen Baker Tilly befassen Sie sich in erster Linie mit Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Sehen Sie sich mit der Spezialisierung auf diese vermeintlich sehr trockenen Themen als Exot im maritimen Netzwerk?

Höth: Als Exoten würde ich mich und meine Kollegen nicht bezeichnen. Wir haben naturgemäß eine eher betriebswirtschaftliche Sicht auf die Dinge als eine technische, man wird uns nicht beim Technisch-Nautischen Inspektoren-Kreis antreffen. Aber auch wir beschäftigen uns mit Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder Fachkräftemangel. Vielfach als Berater unserer Kunden, oft aber auch im ganz eigenen Interesse, insbesondere bei den Themen Digitalisierung und Fachkräftemangel. Darüber hinaus begleite ich persönlich maritime Unternehmen seit mehr als zwanzig Jahren.

MCN: Der Name Baker Tilly ist in der maritimen Wirtschaft eher unbekannt, Wie sind Sie hier aufgestellt?

Höth: Wir sind in der Branche durchaus stark verwurzelt. Viele kennen unser Hamburger Büro allerdings noch unter dem Namen TPW Todt & Partner, den wir bis zu unserer Fusion mit Baker Tilly vor acht Jahren führten. Vor der 2008 beginnenden Schifffahrtskrise haben wir die Abschlüsse eines spürbaren Anteils der weltweit operierenden Schiffstonnage geprüft und die Steuererklärungen erstellt. Damals erfolgte die Finanzierung der Seeschiffe zu einem großen Teil über Kommanditbeteiligungen, die am so genannten grauen Kapitalmarkt vertrieben wurden. In der Krise haben dann tausende von Anlegern sehr viel Kapital verloren und die Gesellschaften sind zwischenzeitlich fast vollständig vom Markt verschwunden. Damals haben wir zahlreiche Sanierungen in betriebswirtschaftlicher, steuerlicher und prüferischer Hinsicht begleitet, aber die Krise dauerte einfach zu lange. Einige wenige Gesellschaften haben jedoch durchgehalten und sind nach der „Charterratenrallye“ der letzten beiden Jahre jetzt meist saniert.

MCN: Vor diesem Hintergrund hat sich Ihre Tätigkeit in den letzten Jahren vermutlich ebenfalls stark verändert?

Höth: Absolut! Wir sind weg vom Massengeschäft und betreuen jetzt die Reedereien selbst sowie Projektfinanzierungen mit deutlich weniger Akteuren. Gerade steuerlich haben wir in den letzten Jahren so einiges erlebt. So orientiert sich die Gewinnermittlung von Schiffsgesellschaften auf Basis der Nettoraumzahl („Tonnagesteuer“) an internationalen Beispielen, passt damit aber so gar nicht in unsere deutsche Steuersystematik. Das hat vielfach zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung geführt, die nicht selten von Finanzgerichten oder vom Bundesfinanzhof entschieden wurden. Gerade in den letzten Jahren haben wir einige bedeutsame Urteile erwirkt, die unseren Mandanten wirtschaftlich geholfen haben. Was die Finanzierung von Schiffsprojekten angeht, hat der Standort Deutschland leider sehr stark an Bedeutung eingebüßt. Aber viele Bereederer sind immer noch – zumindest teilweise – in Deutschland ansässig und auf einem globalen Markt aktiv. Die neue Ausrichtung unserer Kunden hat auch bei uns zunehmend internationale Themen aufgeworfen, für die wir ein starkes internationales Netzwerk benötigten. Der Zusammenschluss mit Baker Tilly kam damals zum richtigen Zeitpunkt.

MCN: Sie haben von Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung gesprochen. Streiten Sie sich gerne?

Höth: Eigentlich nicht. Direkt nach meinem Studium habe ich in einem Büro gearbeitet, in dem das Einlegen eines Einspruchs gegen einen Steuerbescheid die absolute Ausnahme war, es wurde sich fast immer geeinigt. Natürlich bin ich auch grundsätzlich an einer gütlichen Einigung interessiert und gehe zusammen mit meinen Mandanten auch Kompromisse ein. Ein Streit kostet viel Energie, die besser für positive Dinge eingesetzt werden sollte. In den letzten Jahren hat sich allerdings die Tätigkeit in den Finanzämtern stark verändert. Die Mitarbeiter der Finanzverwaltung sind heute vorwiegend damit beschäftigt, den Steuerpflichtigen Fragen zu stellen oder Nachweise in Form von Unterlagen einzufordern. Die Arbeitsbelastung für uns als Berater ist dadurch enorm angestiegen. Gleichzeitig ist damit auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Sachverhalte ans Tageslicht befördert werden, die einen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen aufweisen. In diesem Sinne streite ich mich dann schon sehr gerne – noch lieber gewinne ich. Wir erwarten übrigens in Kürze einen neuen Erlass zur Tonnagesteuer. Da wird es genug zu streiten geben, und wir werden gut vorbereit sein, um diesen Streit zu gewinnen.

MCN: Was erhoffen Sie Sich von der Mitgliedschaft im Maritimen Cluster Norddeutschland?

Höth: Ich bin erst kürzlich als Nachfolger für eine Kollegin eingesprungen und habe auf der ersten Veranstaltung des MCN, die ich besucht habe, sofort sehr nette Kontakte geknüpft. Als gebürtiger Hamburger mag ich zudem das Norddeutsche und habe das Gefühl, dass die Entscheidung für einen Beruf im maritimen Umfeld oftmals sehr bewusst getroffen wird. Das gilt auch für mich. Diese Affinität merkt man dann bei den Treffen. Ich freue mich auf die weitere Vernetzung auch über die engen Fachgrenzen hinaus!

 

Über Andreas Höth

Andreas Höth ist Ansprechpartner für den Bereich Shipping im Hamburger Büro von Baker Tilly. Vor zwanzig Jahren wechselte er als Steuerberater zu TPW Todt & Partner, wo er nach der Bestellung zum Wirtschaftsprüfer schließlich Partner wurde. 2015 schloss sich das Unternehmen der Baker Tilly Gruppe an, die in Deutschland mit 1.220 Mitarbeitern an zehn Standorten zu den größten unabhängigen partnerschaftlich geführten Beratungsgesellschaften zählt. Nach vielen Jahren im Süden Hamburgs wohnt Andreas Höth seit fünf Jahren nördlich der Elbe und freut sich täglich darüber, dass er mit dem Fahrrad schnell im Büro ist.