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03. Dezember 2021

dashPORT: Eine künstlich intelligente Leitwarte für Häfen

Die digitale Leitwarte dashPORT soll dazu beitragen, Energieverbräuche und Emissionen in Häfen zu senken und gleichzeitig das Netz zu entlasten. Das gemeinsame Projekt des Fraunhofer CML und des Oldenburger OFFIS-Instituts für Informatik erläutert OFFIS-Bereichsleiter Dr.-Ing. Jürgen Meister im Interview. dashPORT wurde mit dem MCN Cup 2021 in der Kategorie B „Wie lassen sich Häfen und die maritime Logistik nachhaltiger gestalten?“ ausgezeichnet.

Welches Problem wollen Sie mit dashPORT lösen?

Das Ziel des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts besteht darin, den Häfen zu helfen, Energie einzusparen und auf diese Weise Kosten und Emissionen zu reduzieren. Dabei gilt es zu beachten, dass dies möglichst netzdienlich geschehen sollte. Wir haben immer weniger grundlastfähige Großkraftwerke in Deutschland und beziehen immer mehr Energie aus erneuerbaren Quellen. Das stellt Netzbetreiber und Großverbraucher gleichermaßen vor Herausforderungen.

Wie sieht die Aufgabenaufteilung bei diesem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Projekt aus?

Die Forscher des Fraunhofer CML kennen sich bestens mit den Abläufen der Hafenwirtschaft aus. Sie bringen das Prozess-Knowhow mit. Der FE-Bereich Energie des Informatik-Instituts OFFIS erforscht und entwickelt Lösungen für die Energiewirtschaft. Wir wissen, wie man anhand von Energiedaten Verbräuche analysiert, und wir trainieren die KI-Algorithmen, mit deren Hilfe sich diese Verbräuche vorhersagen und optimieren lassen. Das passt hervorragend.

Sie haben im Hafen von Brake ein Pilotprojekt aufgestellt. Was umfasst dieses?

Im ersten Schritt haben die Forscher des Fraunhofer CML die Prozesse und Abläufe des Hafens analysiert und sich genau angesehen, wie die Verbraucher zusammenhängen. Auf dieser Grundlage wurden Messpunkte identifiziert, an denen dann der Hafenbetreiber J. Müller 500 Smart Meter verbaut haben, die in Echtzeit Daten zum Energieverbrauch erfassen. Die Daten dieser Sensoren werden an eine Datenbank der digitalen Leitwarte gemeldet. Anschließend geht es in aktuell noch laufenden Forschungsarbeiten darum, die KI-Algorithmen zu trainieren, um optimale Prozessfahrweisen zu finden und vorherzusagen. Dafür braucht man sehr viele Daten über eine längere Zeit.

Wie darf man sich dieses Training vorstellen?

Die künstlichen neuronalen Netze lernen zum Beispiel zu erkennen, in welchem Szenario ein System sich gerade befindet. Sie lernen auch, Kurzzeitprognosen zu erstellen, anhand derer man erkennen kann, wie der Verbrauch in den nächsten Stunden sein wird. Je nach Lage wird die digitale Leitwarte dann beispielsweise empfehlen, einen nicht dringlichen Prozess zu stoppen und den Energieverbrauch in eine Zeit zu schieben, zu der das netzdienlicher oder umweltfreundlicher ist. Davon profitiert nicht nur der Netzbetreiber. Oft sind mit der verbesserten Netzdienlichkeit auch geringere Energiekosten für den Hafen verbunden. 

In welcher Größenordnung lassen sich den auf diese Weise Energiekosten sparen?

Wir sind noch in der Datensammelphase, und die KI-Algorithmen werden noch trainiert. Genau beziffern lässt sich das daher noch nicht. Wir gehen aber von einem Energieeinsparpotenzial von ca. zehn bis 20 Prozent aus. Großverbraucher, wie Häfen es sind, profitieren zudem kostenmäßig davon, wenn sie ihre Lastspitzen nicht zu hoch werden lassen, denn anhand dieser werden die Netzentgelte festgelegt. Das kann schnell sehr teuer werden.

Noch einmal zurück zur digitalen Leitwarte: Läuft die vollautomatisch, oder ist die noch bemannt? Wer trifft die Entscheidungen?

Die Entscheidungen trifft am Ende immer noch ein Mensch. Das Dashboard ist lediglich ein Entscheidungsunterstützungssystem. Die Künstliche Intelligenz visualisiert für einzelne Prozesse die aktuellen Verbräuche, Kurzzeitprognosen und langfristig auch Handlungsempfehlung. Daran erkennt der Mitarbeiter, ob und wie es vielleicht sinnvoll wäre, die Prozess-Abläufe im Hafen anzupassen. Bis so etwas vollautomatisch funktioniert, wird es realistisch betrachtet noch mehrere Jahre dauern.

Was hat Sie motiviert am Wettbewerb des Maritimen Clusters Norddeutschland teilzunehmen. Welchen Stellenwert besitzt der MCN Cup für Sie?

Für uns war dieser Wettbewerb eine gute Gelegenheit, uns mit anderen zu vergleichen und festzustellen, ob wir innovativ genug sind. Insofern fühlen wir uns bestätigt. Natürlich war es auch sehr spannend zu sehen, was andere machen. Jetzt hoffen wir, dass unser Erfolg dazu beiträgt, dass unsere Arbeit in der Öffentlichkeit noch sichtbarer wird.

 

Über Dr.-Ing. Jürgen Meister

Dr.-Ing. Jürgen Meister ist Leiter des Forschungs- und Entwicklungsbereichs Energie bei OFFIS e.V. – Institut für Informatik in Oldenburg.

 

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